Das rechte Maß

Durch den fragwürdigen Wachstumszwang, mit dem unsere Geldwirtschaft gegenwärtig fortwährend und immer stärker verbunden wird, verändert sich die Welt schneller, als wir es bemerken und verstehen. Was uns zum Kauf angeboten wird, sind Produkte mit so kurzer Lebensdauer, dass der Neukauf in immer kürzeren Intervallen wahrscheinlich ist. Oder es sind Produkte, die mit überflüssigen Eigenschaften versehen wurden, die – als „neu“ und „trendy“ vermarktet – die Kauflaune zusätzlich schüren. Wachstumszwang! In einer begrenzten Welt kann es kein unbegrenztes Wachstum geben, das Primat fortwährender Steigerung des Konsums ist darum eine Illusion.

 

Dem gegenüber können wir uns im eigenen Verhalten auf das Wesentliche beschränken. Wir können uns überlegen, was wir wirklich brauchen, können hinterfragen, inwieweit es sinnvoll ist, immer mehr Geld zu erwirtschaften, um es für Produkte auszugeben, die wir eigentlich nicht benötigen. Die Freude über den Besitz des neuen Handys wiegt bei Licht besehen oft die Mühen des Geldverdienens oder die Sorge um den unausgeglichenen Dispositionskredit nicht auf!

 

 

Angesichts der angedeuteten Situation ist eine neue Kultur des bewussten Konsums gefordert, die auch den Verzicht beinhaltet. Die Entwicklung einer solchen Kultur zeichnet sich (folgerichtig) bereits ab. Der amerikanische Soziologe Paul Ray hat sich in seinem Buch „ The Cultural Creatives: How 50 Million Are Changing The World“ bereits im Jahr 2000 dieser Entwicklung gewidmet und der Trendforscher Matthias Horx beschrieb in seiner Studie „Zielgruppe Lohas“ einen neuen Verbrauchertyp, der bewusst konsumiert und sich durch Werbung und Marketing nicht gängeln lässt. Auch wenn es den Wachstumsanbetern in Politik oder in Industrie- und Handelsverbänden sauer aufstoßen wird, rechnen Forscher für die kommenden Jahre mit einem Konsumrückgang von mehr als zehn Prozent - und zwar einfach, weil die Menschen sich beschränken wollen. Dabei geht es nicht um asketischen Verzicht, sondern um die gelebte Einsicht, dass die für gesteigerten Konsum aufgewendete Lebenszeit zu schade ist und ein ökologisch sinnvolles Verhalten auch direkt zum persönlichen Wohlgefühl beiträgt. Suffizienz stellt die Frage nach dem richtigen Maß und bietet die Gelegenheit, dass jeder von uns zum Erhalt der Lebensgrundlagen für künftige Generationen seinen Beitrag leistet. Und vor allem: Es macht Spaß und steigert darum sogleich auch das Erleben der eigenen Lebensqualität!

 

 

Simple living, das einfache, vom Überfluss befreite Leben führt zu seelischer Entspannung und mehr menschlicher Nähe. Die Laufruhe des Lebens stellt sich dort wieder ein, wo wir ansonsten schnell übertourig den Pflichten hinterher eilen und erschöpft das berühmte „immer mehr“ erwirtschaften, das uns das von Neurasthenie und Geldgier geprägte Leben immer wieder abverlangen will.