Wenn die Zeit des Spielens vorbei ist, folgt der Ernst des Lebens. Das glauben dummerweise viel zu viele Menschen. Albert Vinzens öffnet mit seinem Buch „Spiel-Zeuge“ dem gegenüber Herz und Sinn für eine dem Leben zugewandte Sicht.
„Spiel ist eine Krankheit – nicht zum Tode, sondern eine Krankheit zum Leben.“ Das Buch ist ganz anders als erwartet. Kein ausführliches Inhaltsverzeichnis (lediglich drei „Kapitel“) und nur eine einzige Abbildung (gleich zu Anfang; und die hat es in sich!).
„Ich war kürzlich, ohne es in irgendeiner Weise geplant zu haben, unterwegs zu den Quellen meiner Kindheit.“ So ein gutes Buch zum Thema „Spiel“ spricht die Erinnerungen an das eigene Kinderspielen an. Albert Vinzens macht es leicht, denn er berichtet viel und lebendig von seinen eigenen Kinderspielen. Gehört man, wie er selbst auch, zu jener Generation, die noch natürlich spielen durfte, belebt sich das magische Verhältnis zur Welt neu. „Spiel ist der hoffende Blick eines Kindes, in dessen Augen eine Idee Wirklichkeit wird...“
Immer wieder geht es darum, dass es sich eigentlich nicht gut sagen lässt, was Spiel eigentlich ist („...wir können Spiel nicht einmal denken.“). Arbeit jedenfalls nicht, auch nicht Gelegenheit für den Transport von Belehrungen. Lernen kann aber durchaus spielerisch sein (Flow-Learning), und spielerisch kommt auch manch komplexe Fähigkeit daher, etwa wenn es um den Mechaniker geht, der das Spiel der Kugeln im Radlager einzustellen versteht. Das musikalische Erleben der Welt ist Spiel, und sogar „der Tod gehört zum Spiel dazu wie das Schlafen und Wachen.“ Computerspiele, Wettkämpfe, von Erwachsenen erdachte Spielzeuge und -plätze sind in unserer Welt allgegenwärtig, aber als Fremdkörper des Eigentlichen, die zur Frage drängen, „wie viel Leben im Leben erlaubt sei“.
Herrlich, von den Erfahrungen des Autors zu erfahren, wie er z.B. mit einem Kind Schach spielt, das einfach eigene Regeln dafür erfindet, oder wie er dem Gründer einer Firma begegnet, die weltweit Spielplätze baut. Aus solchen Erfahrungen destilliert der studierte Philosoph seine Sätze, die eine Freude sind: „Das Spiel macht die Gebärde, über den Rand des Sprachlochs ins Unergründliche zu gehen...“ Aber er positioniert sich auch, indem er hinterfragt, was Wildnis- und Erlebnispädagogik „ihrer denkfaulen Kundschaft“ noch zu vermitteln vermögen, und was nicht. Wettkampfsport „noch irgendein anderer Wettbewerb“ hat mit Spiel zu tun. Das ist nachvollziehbar, weil das Buch eine Ahnung vom wirklichen Spiel vermittelt. Der Autor führt dahin mit sicherer Hand, indem er den Weg aus der Kindheit ins Erwachsensein, mit allen Chancen und Gefahren, beschreibt, aber auch indem er etwa ganz praktisch zum konkreten Nachdenken auf „drei Wegen zum Spiel“ einlädt. Der Bogen wird von einem „Vorwort aus dem Neolithikum“ bis zum Schlusskapitel gespannt, in dem Albert Vinzens spannend von seinen Erfahrungen als Extrembergsteiger berichtet. Das Buch ist kein simpler Ratgeber, sondern ein Weggefährte zum guten, spielerischen Verhältnis zum Leben!