Manche Zeiterscheinungen und -ereignisse offenbaren, dass es für viele Menschen um das Vertrauen in Welt und Leben nicht gut bestellt ist. Es begegnet uns im Alltag viel von dem was uns erschüttert und schwächt, und wenig von dem was uns ermutigt und stärkt. Infolge verlieren viele den Kontakt zu anderen, anderem – und sogar zu sich selbst. Schlechte Entscheidungen sind die Folge, und die Welt wird immer mehr zu einem übernutzten Schauplatz des Aufeinandertreffens egoistischer Interessen, die mit größter Rücksichtslosigkeit verfolgt und durchgesetzt werden. Das verbindende Vertrauen findet sich durch das berechnende Kalkül verdrängt, für das eigentlich Menschliche bleibt immer weniger Raum!
Vertrauen, jene Grundkraft des Lebens, des Wohlgefühls und der Selbstgegenwärtigkeit des Menschen, kann man nicht fordern, es ist immer eine Vorleistung, bzw. ein Geschenk! Dafür bedarf es der geeigneten Gelegenheiten und vor allem des adäquaten Milieus. Jeder Mensch verfügt über Erfahrungen, die ihn darüber belehren, ob er in etwas ganz gegenwärtig ist. Wenn jemand sagt, er fühle sich „so wohl wie ein Fisch im Wasser“, ist dem eine solche Erfahrung der Gegenwärtigkeit vorausgegangen. Das Wohlgefühl wiederum bietet eine Voraussetzung z.B. auch für seine Wahrnehmungs- und Leistungsbereitschaft. Ein Mensch der sich wohlfühlt ist mental in seinem Leben präsent, er vermag angemessen und schnell zu reagieren; sein Erleben der Welt und seiner selbst wirken optimal zusammen.
Diese Verfassung des Menschen ist der beste Grund für ein wirksames Verhältnis des Vertrauens zum Leben. In diesem ruhigen Gefühl des Gegenwärtigseins durchquert die Akrobatin auf dem Hochseil die Zirkuskuppel, leistet der Handwerker saubere Arbeit, trifft der Unternehmer seine besten Entscheidungen… Dass in einer solchen Gestimmtheit erlebte Vertrauen ermöglicht es dem Menschen, seine Begabungen und Fähigkeiten optimal mit Aufgaben und Herausforderungen zu verbinden, zugleich macht es empfänglich für neue Erfahrungsinhalte und ermöglicht in besonderer Weise Lernen und Entwicklung. Es ist die Voraussetzung dafür, dass ein Mensch sich selbst in etwas einbringt, investiert.
Das Wohlgefühl in diesem Sinne ist nicht allein von inneren Faktoren abhängig, sondern ebenso von äußeren Gegebenheiten. Darum ist die Lebens- und Arbeitswelt von heute für die Erfahrung des Gegenwärtigseins nicht gerade gut geeignet. Inmitten von hektischer Betriebsamkeit und Lärm, umgeben von bedrängenden Botschaften und Reizen kann man sich nicht leicht wohlfühlen. In diesem Sinne könnte man sich ebenso fragen, wie „menschlich“ die Straßen, Wege, Plätze und öffentlichen Gebäude gestaltet sind. Fühlen wir uns dort tatsächlich noch wohl? Ist das gewählte Design bloß noch funktional und herausfordernd, oder „lebendig“, organisch, also im besten Sinne einladend und nährend? Diese Fragestellung macht uns bewusst, wie viel, bzw. wie wenig wir noch für ein Wohlgefühl tun, von dem abhängt, wie wach, bewusst und gegenwärtig wir Menschen in unserem Leben (noch) sind.